Die Zeit der Trumpeltiere

 

Alles was bei uns morgen ankommt, können wir bereits heute in der US-amerikanischen Realität bestaunen! Das war schon immer so. Das Internet. Die ‚new economy’. Gewalt als gesellschaftliche Epidemie. Job statt Arbeitsplatz. Einkaufsmall statt Hauptstrasse. Politische Kampagnen statt gesellschaftlichem Dialog. Mickey Maus, das iPhone und Donald Trump.

 

Die Zeit der Trumpeltiere ist angebrochen. Ein Trumpeltier ist laut Wikipedia – die das aus irgendeinem Grund anders schreiben– ein zweihöckriges Kamel. Es hat eine gespaltene Oberlippe. Es kann auch in unwirtlichen Regionen wie dem Wahlkampf gut überleben. Und es hat einen relativ kleinen Schwanz. Sagt Wikipedia. Die müssen es ja wissen, sind sie doch die verkörperte Schwarmintelligenz!

 

Donald Trump als Schwarm der US-Republikaner? Warum eigentlich nicht! Er ist kein Ausreißer in der Ahnenreihe der US-amerikanischen Politik. Er ist die Verkörperung dessen, worauf zumindest der konservative Teil der US-Politik seit Jahrzehnten zugesteuert hat. Reich. Laut. Und so engstirnig, dass man sich wundert, wie da diese riesige Frisur draufpasst.

 

Das Land hat das Trauma der George W. -Jahre noch nicht verdaut, da trumpelt schon das nächste Kamel auf die Bühne. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die amerikanische Elite sich in die Hinterzimmer der Politik zurückgezogen hat, schmollend und besser wissend, und die Macht den Prolls überlässt. Deshalb sieht Hillary auch so einsam aus bei ihrem Versuch, eine Favoritenrolle lediglich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur politischen Elite zu beanspruchen.

 

An dieser Stelle bietet sich ein arrogant-schnöselhaftes „ja, ja,... amerikanische Politik“ an. Und ein süffisantes Grinsen. Da können wir Europäer doch stolz auf unsere politische Kultur sein! Wir haben keine National-Konservativen, die sich in der Parteienlandschaft und auf Regierungsbänken breitmachen. Keine Pleitiers, die ihr Glück in der Politik suchen. Bei uns gibt es keine Ausländer-Beschimpfer und Krieg-Erklärer. Keinen Horst-den-Heckenschützen, der im Dickicht der politischen Mitte auf Verbündete anlegt. Und aus dem ‚Aufstand der Anständigen’ ist noch nicht der Ausstand der Anständigen geworden.

 

Aber halt! Das war der Text von 2014. Die Welt hat sich verändert. Auch bei uns naht die Zeit der Trumpeltiere. Das ist es, was wir lernen können, wenn wir uns die US-amerikanische Politik anno 2016 anschauen. Sie ist unsere Kristallkugel. Unser Fenster in die Zukunft.

    

Substrat happens! - Die Lösung unserer Energieprobleme steckt in uns allen

Die Nachricht drohte beinahe unter zu gehen im politischen Wirbel um die Flüchtlingskrise. Dabei sieht sie aus, wie das Ei des Kolumbus für ein ganz anderes Riesenproblem, das wir uns aufgeladen haben: Die Energiewende. Der Energiewendeminister, Sigmar Gabriel, der eigentlich zuständig ist, muss sich ganz nebenbei – da Oppositionsführer in der Regierung – um buchstäblich jeden Scheiß kümmern. Trotzdem, oder gerade deshalb könnte ihm die richtungweisende Forschung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig entgangen sein. Ich bin sicher, dass Gabriel uns sonst mit der Nase darauf gestoßen hätte. Da ist er ja schonungslos!

 

Die Leipziger Forscher haben eine neue Toilette entwickelt, die alle unsere Energieprobleme lösen könnte. Das kleine Häuschen mit dem üblichen Herzchen in der Tür trägt den umweltfreundlichen Namen Ökolocus. Und weil so ein Locus halt mit dem leben muss, was man ihm gibt – die Forscher nennen das etwas verschämt „Substrat“ – macht dieser ganz besondere Locus buchstäblich aus Substrat... nun,... keine Bonbons! Das würde Gabriel nicht interessieren, der muss abnehmen. Aber etwas sehr viel wertvolleres: Strom.

 

Eine intelligente Toilette für das Energiewende-Zeitalter. Wäre sie von Apple, hieße sie wahrscheinlich I-Pott. Selbstlos, wie wir Deutschen nun einmal sind, haben die Wissenschaftler dieses Wunderhäuschen für Entwicklungsländer entwickelt. Dort soll es in abgelegenen Gegenden erstens Ent- und zweitens Versorgungsprobleme lösen. Es kann dort nämlich Strom produzieren, zum Beispiel zum Aufladen von Handys. Das klingt uns Wohlstandsmenschen zwar erstmal etwas abwegig, dass Leute, die buchstäblich keinen Pott unter dem Hintern haben, Strom für Handys benötigen könnten. Aber gerade in Entwicklungsländern ist das Mobiltelefon längst zu einem manchmal überlebenswichtigen Instrument geworden. Apps für bargeldlose Zahlungen oder ärztliche Ratschläge machen in vielen Gegenden Afrikas das Leben der Menschen bereits heute deutlich leichter. Angeblich arbeiten Forscher der Universität Upsala sogar bereits an einem Appführmittel. Womit sich der Kreis schließen würde.

 

Aber warum eigentlich nur exportieren? Sind wir nicht diejenigen, die gerade ihre Energieversorgung komplett umstellen, von Atomstrom auf andere saubere und sichere Energiequellen wie Lausitzer Kohle und russisches Erdgas? Mit allem Respekt, aber „Substrat“ produzieren wir doch genug! Warum nicht das gesamte Land mit den neuen I-Pötten überziehen. In jeden Haushalt, an jeder Ecke ein Ökolocus mit Anschluss ans Stromnetz. Natürlich müsste man Volkswagen damit beauftragen, eine Software zu entwickeln, die die Abgaswerte in Zaum hält. Aber das können die ja! Und der Technische Überlauf- Verhinderungsverein TÜV müsste sicherstellen, dass Strom und Pott sauber voneinander isoliert bleiben, damit die Transitzonen keinen Schaden nehmen.

 

Klar, die Sache würde von allen etwas Disziplin erfordern. Immerhin verweist Jörg Kretzschmar vom Deutschen Biomassenforschungszentrum strengen Blickes darauf, dass nur „unverdünntes Substrat“ geeignet sei. Die Linke denkt ihrem abwasserpolitischen Sprecher zufolge bereits über rigide Normen und eine staatliche Prüfungskommission nach. Wer ihrem Vorsitzenden Bernd Riexinger beim Sprechen zuschaut, ahnt schon, dass es da Handlungsbedarf bei der Substratkontrolle gibt. Aber das lässt sich ja klären.

 

Und das Ganze geht ja noch viel weiter! Gelingt es den Forschern am Helmholz-Zentrum, den Wirkungsgrad des Ökolocus noch einmal zu erhöhen, wären auch unsere ehrgeizigen Ziele in Sachen E-Mobilität zu erreichen. Das sind sie ja eigentlich jetzt schon, nur weiß noch niemand, wie man den Knoten aus den ganzen Verlängerungskabeln heraus bekommen soll. Mit dem mobilen Ökolocus würde die E-Mobilität fast über Nacht zum Erfolg. Der TÜV hat zwar bereits angemahnt, dass das Herzchen in der Türe als Sichtfenster während der Fahrt nicht ausreichen würde. Aber was spricht denn eigentlich gegen den voll verglasten mobilen Ökolocus! Es gibt doch diese wunderbaren, Privatsphäre sichernden schwarzen Tönungsfolien fürs Auto. In manchen Kreisen heißen sie auch Bumsfolien. Die müsste man dann halt umbenennen in „Substratfolien“.

 

Das ist die Zukunft! Substrat happens. Ohne Scheiß jetzt!

Das Leben ist kein Ponyhof - schade eigentlich!

„Das Leben ist kein Ponyhof!“ Was für eine putzige Feststellung. Ein cooler Spruch, der immer dann fällt, wenn uns etwas nicht passt. Und zwar von jenen, denen es sehr wohl in den Kram passt! Einleuchtend. Natürlich nicht! Das Leben ist kein Ponyhof. Es ist auch keine Wellness-Massage und kein Helene-Fischer-Konzert. Stimmt auch. Ebenso einleuchtend.

 

Aber seit gestern bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Ich war auf einem Ponyhof. Nicht als direkt Beteiligter. Ich bin kein Pony und auch kein Reiter. Aber meine Tochter hat diese genetische Prägung, die sich nur in der DNA fünfjähriger Mädchen findet: Eine unbedingte und vorbehaltslose Liebe zu Pferden. Vorzugsweise kleinen Pferden. Deshalb ist das Leben ja auch ‚kein Ponyhof’ und nicht ‚kein Heim für Riesenklepper’.

 

Während ich dort herum spaziere in der Sonne eines perfekten Frühherbsttages und versuche, nicht in den Pferdemist zu treten, da geht mir auf, dass das Leben gar nicht so schlecht wäre, wäre es ein Ponyhof!

 

Jeder darf reinkommen. Jeder darf mitmachen. Kein Schild „Zutritt verboten!“ versperrt den Weg. Der Eigentümer des Establishments ist gar nicht anwesend. Er vertraut uns. Nur Hunde haben keinen Zutritt, weil hier niemand angekläfft werden soll. Der Wachhund sitzt in seinem Zwinger und ist nach der absolut verlässlichen Information meiner Tochter „soooo süß“.

 

Auf dem Parkplatz verstauben Luxusautos und rostige Kleinwagen innerhalb weniger Minuten zu einer klassenlosen Gesellschaft. Junge Mädchen mit dem prä-pubertären Lächeln der frisch-in-ein-Pony-Verliebten sagen guten Tag und wissen längst, dass es einer ist.

 

Meine Tochter sucht sich ein Pony aus. „Ist das süß!“. Hier ist alles süß. Und sie gibt ihm einen Namen, den es bislang nicht hatte. Es ist ein weißes Pony. Natürlich, denn in Mädchenträumen sind alle Ponys weiß. Aber die Schwarzen sind mit dabei; werden auch gestriegelt und gefüttert und geritten. Als Verkörperung gelungener Integration kaut ein schwarz-weiß geflecktes Pony auf einer Mohrrübe. Und das braune da vorne grölt keine Parolen, sondern reibt seine Rückseite genüsslich an der eines schwarzen Pferdes. Geht auch.

 

Ich suche vergeblich nach den andernorts üblichen zivilisierten Hinweisen: Futter ist nur für die Pferde! Oder: Bitte Ponys nicht widerrechtlich vom Gelände entfernen! Nichts. Im Gegenteil: Ein strahlendes junges Mädchen drückt meiner Frau die Zügel des weißen Ponys in die Hand, ohne nach einem Pferdeführerschein zu fragen. Sie setzt meine Tochter in den Sattel. Und niemand verlangt die handelsübliche Kaution von 1.573 Euro für das Standardpony, weiß, gebraucht.

 

Wir, ebenso wie die anderen Hobbyreiter, nehmen keinen Vorteil von dieser Fahrlässigkeit. Trotz der großartigen Gelegenheit nimmt niemand zwei Kilo Pferdegulasch mit nach Hause. Keines der Ponys wird – mit einem schwarzen Futtersack über dem Kopf – auf der Rückbank eines Range- Rover in die Höhlen des Hindukusch entführt. Und ich habe keinen der Väter heimlich von den Möhren naschen sehen. Es gibt keine Regeln und alle halten sich daran. Nur ein paar Walnüsse habe ich mitgehen lassen. Oder besser: Ich habe das Diebesgut gleich vor Ort konsumiert. Unter den Augen und wohlwollenden Blicken aller.

 

Es gibt hier auch keine Gewalt. Die Kriminalitätsrate auf Ponyhöfen ist statistisch nur ein Zehntel so hoch wie die auf einem einzigen Quadratmeter Alexanderplatz. Lediglich ein Ziegenbock versucht seine Hörner rektal in die Rückseite eines der Stallmädchen einzuführen. Erfolglos. Und zur allgemeinen Erheiterung. Es gibt keine strafrechtlichen Konsequenzen. Die Ziege bekommt neues Stroh.

 

Am Ende kommt kein Schlaumeier, der für die halbe Stunde in diesem Paradies 180 Euro für eine sogenannte hippo-therapeutische Sitzung berechnet. Zehn Euro auf die Hand. Das ist alles. Wenn die wüssten, wie therapeutisch das Ganze für mich war!

 

Auf dem Heimweg schlafen die Kinder in ihren Autositzen. Und während mich auf der linken Spur ein Range- Rover überholt, mit einem entführten Pony auf der Rückbank, rast ein anderes Auto mit rund 250 Sachen rechts auf der Standspur an uns vorbei. Ein VW Golf. Mit korrekten Abgaswerten, mehr dröhnenden Endrohren, als ein Junggesellenabend mit Sauerkraut, und 250 PS. Das ist mehr als fünfmal so viel wie der IQ seines Fahrers, der nicht nur die Baseballkappe, sondern den ganzen Kopf verkehrt herum aufgesetzt hat.

 

Ich werde in Gedanken das Bild von der jungen Familie nicht mehr los, die da mit einer Reifenpanne auf dem Standstreifen stand. Ich sehe den Aufprall des Rasers. Das Inferno. Höre die lapidare Verkehrsmeldung über eine Vollsperrung auf der Autobahn 38. Bergungsarbeiten.

 

Es gab nichts zu bergen. Zum Glück war da in diesem Augenblick keine junge Familie mit einer Reifenpanne. Hätte aber sein können. Nun,... das Leben ist halt kein Ponyhof.

 

Schade eigentlich.